Smarte Adaptive Materialien und Agenten

PD Dr. Stefan Bosse
University of Koblenz-Landau, Fac. Computer Science
University of Bremen, Dept. Mathematics & Informatics
6.3.2019

Inhalt

Einführung


Smarte Materialien

Ein intelligentes Material bietet die folgenden Hauptmerkmale:

Wahrnehmung

Perzeption unter Verwendung verschiedener Arten von Sensoren, z. B. Messen von Dehnung, Verschiebung, Temperatur, Druck und Kräften;

Änderung

Änderung lokaler Material- und Struktureigenschaften durch Aktuatoren, z. B. Steifigkeits- oder Dämpfungsänderung;

Integrierte Informations- und Kommunikationstechnologien

Datenverarbeitung, Sensorfusion, Steuerung, Maschinelles Lernen

Verteilter Ansatz

Lokale Sensorverarbeitung und Aktuatorsteuerung - Globale Zusammenarbeit und Koordination.

Self-* Fähigkeit

Robustheit, Selbstorganisation, Selbstadaptivität, Selbstheilung

Smarte Materialien

Smarte Materialien: Fusion von Sensorischen- und Adaptiven Materialien mit Informationsverarbeitung

Sensorisches Material

Ein Material oder Struktur mit integrierter Sensorik und Datenverarbeitung (ICT)

Adaptives Material

Ein Material mit integrierter Sensorik, Datenverarbeitung und Aktoren, die Materialeigenschaften steuern und ändern können

Robotisches Material

Ein Material oder eine Struktur mit integrierter Sensorik, Datenverarbeitung und Aktoren, die Materialeigenschaften oder Strukturformen steuern und ändern können

Adaptronisches Material

Synonym für robotisches Material (oder vice versa)

Smarte Materialien

Skalen

Mikroebene

Eigenschaften und Strukturgrößen der Materialien und Werkstoffe

Mesoebene

Eigenschaften und Strukturgrößen von Mikrosystemen

Makroebene

Eigenschaften und Strukturgrößen von robotischen Systemen

Stellvariablen

  1. Struktureigenschaften (Netzwerkstrukturen)
  2. Mechanische und Materialeigenschaften

Smarte Materialien

Aktoren

Thermisch stimulierte Polymere (Thermoplaste), optisch stimulierte Polymere, aktiv angetriebene Mikroaktoren, Ferrofluide, ..

Sensoren

Temperatur, Dehnung, ..

figadapStructMcEvoy


Abb. 1. Beispiel einer adaptiven robotischen Struktur (Mesoebene, Thermoplaste und Dehnungssensoren in Balkenstruktur) [1]

Smarte Materialien

Bioinspirierter Ansatz

figadaptronics3


Abb. 2. Der bioinspirierte Ansatz für robotische Strukturen: a) aktive Materialien, b) induzierte Dehnungsaktuatoren, c) integrierte aktive Sensoren; d) multifunktionale Kompositionen, e) Mikrocontroller [8]

Smarte Materialien

Photosensitive Polymere

  • Unter Einfluss von (UV) Licht verändert sich die Verkettung von Polymeren was zu einer Formänderung führt

figbpmtd1


Abb. 3. Bioinspired photocontrollable microstructured transport device (BIPMTD, Uni Bremen, Staubitz, [7])

Programmierbare Materie

  • Im Prinzip ein robotisches System (Material) auf Meso- bis Makroebene
  • Robotisches Material mit strukturellen Rekonfigurationseigenschaften Topologie
  • Reine Strukturoptimierung, keine Materialadaption möglich

figclaytronic1


Abb. 4. Beispiel Claytronic [3]

Robotische Materialien

  • Adaptives Material Mikroebene, kontinuierliches Material, diskrete Sensor-Aktor Knoten

  • Robotisches Material Mesoebene, kontinuierliches Material, aber segmentiert, diskrete Sensor-Aktor Knoten

  • Grundprinzip: Kontinuierliche Materialeigenschaften mit diskreter bereichsbasierter Berechnung

figadapmat2


Abb. 5. Adaptives und robotisches Material: Architektur [4]

Robotische Materialien

Grenzfall

  • Übergang von robotischen zu adaptiven Materialien ist fließend; Grenze nicht klar definiert
    • Verkleinerung des Aktionsvolumens/bereichs eines Sensor-Aktor Knotens
    • Verkleinerung von Sensoren und Aktoren
    • Übergang von diskreten auf kontinuierliche Sensoren und Aktoren (Sensormaterial ..)

Beispiel Mechanische Innere Dehnungsenergie

\[\begin{gathered}
  U = \mathop {\lim }\limits_{N \to \infty } \sum\limits_{i = 1}^N {{u_i}}  \approx 1/2 \int\limits_V^{} {{\varepsilon ^T}} \sigma \varepsilon dV \hfill \\
  {u_i} \in V = \sum\limits_{j = 1}^n {d_j^2}  \hfill \\ 
\end{gathered}
\]

[5,6] ε: Lokaler Dehnungstensor, σ: Lokaler Spannungstensor

Sensorische Materialien

Sensorische Materialien sind Materialintegrierte Intelligente Sensorische Systeme [9]

figsensmat2

Materialintegrierte Sensorische Systeme

Material. Technische Strukturen, wie z. B. mechanische Strukturen in robotischen Systemen, e-Textilien, Windradflügeln, Flugzeugstrukturen, usw.

Sensor. Messung einer physikalischen Größe, Wandlung i.A. in elektrische Größe, Intrinsisch (innerer Zustand / Stimulus), Extrinsisch (von außen her angeregt), z.B. Dehnungssensorik

Sensorisches System. Zusammenschluss von Sensoren, Elektronik, Kommunikation und Energieversorgung in Sensornetzwerken

Sensorisches Material. Integration oder Applikation eines sensorischen Systems in Materialien oder Strukturen [9]

figsensmat1

Sensorevolution

Intelligente Sensoren und Erhöhung der Sensordichte

  • Entwicklung von Sensoren mit integrierten Informations- und Kommunikationstechnologien
    • Generation 1: Diskrete Sensoren, getrennte Sensorverarbeitung
    • Generation 2: Integrierte Smarte Sensoren
    • Generation 3: Netzwerke und Internetkonnektivität
    • Generation 4: Sensorclouds, IoT, MIIS

figsensorgen1

Materialintegration

Integrationsgrad

Bedingt durch Anwendung und Technologie sind verschiedene Integrationsgrade von Sensornetzwerken möglich:

  1. Externe Sensorik, externe Überwachung Immer möglich, keine speziellen Technologien erforderlich

  2. Oberflächenapplikation Meistens möglich, erfordert allgemein verfügbare Klebetechnologien

  3. Oberflächenintegration Außenbereich eines Materials oder einer Struktur Erfordert spezielle Fertigungstechnologien

  4. Volumenintegration Innenbereich eines Materials oder einer Struktur Erfordert spezielle Fertigungs-, Sensor-, und Datenverarbeitungstechnologien

  5. Intrinsische Materialeigenschaften Sensormaterial

Rechnertechnologien

Existierende “Nano”-Computer:

  • Smart Dust Vision Millionen lose gekoppelter Nano-Computer
    • Eingebettet in Materialien
    • Auf Oberflächen verstreut
    • Dispergiert in Flüssigkeiten, Folien, ..
    • ungefähr 10mm3 Volumen

Micro Mote M3

figm3

ELM System

figelm

Rechnertechnologien

Smart Dust

  • Kommunikation: Optisch; Laser, LED
  • Energieversorgung: Optisch; Fotozelle
  • Energiespeicher: Dünnfilmbatterie
  • Sensorik: Temperatur, Licht

figsmartdust1


Abb. 6. Aufbau einer Smart Dust Mote [2]

Rechnertechnologien

Smart Dust Reloaded

  • Hitachi entwickelte bereits 2006 einen 0.15 x 0.15 Millimeter großen, 7.5 μm dicken Microchip der:
    • Drahtlose Kommunikation und Energieversorgung via RFID (2.45 GHz Mikrowelle) ermöglichtet, einen
    • 128 Bit ROM Speicher, und einen
    • einfachen Mikroprozessor enthielt.

figsmartdust2[Hitachi]

Rechnertechnologien

  • Erweiterung mit (einfachen) Analog-Digital Wandlern für aktive Sensorknoten möglich

  • Problem: Speicher!

    • Für sinnvolle Sensordatenverarbeitung und verteilte Kommunikation werden wenigstens 8kB ROM und 8kB RAM benötigt!
  • Integration von Sensoren eher hybrid als monolithisch

    • Wobei primäre Dehnungssensorik in adaptiven Materialien benötigt wird ebenfalls Siliziumprozess

Materialinformatik

Bedeutung:

  1. Rechnen in Materialien (Verteilte Datenverarbeitung in Materialien)
  2. Rechnen von Materialien (Data Science, KI, .., um neue Materialien zu entwickeln)
  • Normalerweise wird die Berechnung von Sensorerfassung und Steuerung getrennt

  • Smarte Materialien stellen die enge Verbindung zwischen

    • Berechnung,
    • Kommunikation,
    • Sensorerfassung und
    • Steuerung mit lose gekoppelten Nano-Computern dar.

Materialinformatik

  • Algorithmische Skalierung und Verteilung sind erforderlich

    • Verteilte Systeme können als eine große Maschine behandelt werden
  • Mooresches Gesetz sagte starke Miniaturisierung voraus

  • Jedoch die Informatik und deren Methoden konnten nicht immer folgen Lücke zwischen Hardware und Software

figcpusclaing

Materialinformatik

Eine normalisierte Recheneffizienz eines Computers (nur unter Berücksichtigung der Datenverarbeitungseinheit) kann definiert werden durch:

\[\epsilon = \frac {C}{AP}
\]
A

Chipfläche in mm2

C

Rechneleistung in Mega Instruction per Second (MIPS)

P

Elektische Leistungsaufnahme in W


Die Recheneffizienz kann verwendet werden, um verschiedene Computer und Geräte zu vergleichen, d.H. einen Skalierungsfaktor anzugeben:

\[s = \frac{\epsilon_1}{\epsilon_2}
\]

Materialinformatik

Micro Mote (M3 ) ELM System Atmel Tiny 20 Freescale KL03 ARM Cortex Smart Phone
Processor Arm Cortex M0 C8051F990 (SL) AVR Arm Cotex M0+ Arm Cortex A9
Clock 740kHz max. 32kHz - 48MHz 1GHz
CPU Chip Area 0.1mm2 9mm2 1mm2 4mm2 7mm2/ROM
Sensors Temperature - - - Temp, Light, Sound, Accel., Press., Magn.
Communication 900MHz radio, optical optical electrical - 3G/4G, WLAN, USB, Bluetooth, NFC
Harvester, Battery Solar cell, Thin film Solar cell, Coin - - -
Power Consumption 70mW / CPU 160mW / CPU 20mW 3mW @ 48MHz 100mW avg.,
Manufacturing 180nm CMOS - - - 40nm CMOS
Package Wire bonded Silicon Stack PCB Single Chip Single Chip
Computing Eff. ε 150 0.02 0.6 4.0 0.53

Intelligentes Robotisches Material

Strukturmodell

  1. Mechanisches Modell: Feder-Masse Modell (Mehrkörperphyisk)
  2. Informatorisches Modell: Netzwerk aus Sensor- und Aktorknoten Erfassen, Handeln, Verarbeiten
  3. Kommunikationsmodell: Maschennetzwerk Daten- + Anweisungsströme

figsmartmatmod1

Intelligentes Robotisches Material

  • Jedes Element enthält einen eingebetteten Computer, der als Knoten in einem Kommunikationsnetzwerk betrachtet wird.

  • Jeder Knoten bietet:

    • Datenverarbeitung (Prozessor oder Digitallogik-RTL),
    • Daten- und Programmspeicher,
    • Kommunikation,
    • Energieversorgung und Energiemanagement.
  • Da die verteilte Erfassung und Steuerung des Materials durch einen agentenbasierten Ansatz erfolgen soll, muss jeder Knoten eine Agentenverarbeitungsplattform (APP) bereitstellen Virtualisierung.

  • Agenten müssen über eine Hardware-Abstraktionsschicht (HAL) auf Sensoren und Aktoren zugreifen, die von der APP bereitgestellt wird.

Optimierung and Adaptierung


Physikalisches Modell

  • Eine Komponente aus einem intelligenten adaptiven Material besteht aus einem Netzwerk mit:

    • Masse- oder Körperknoten oder Materialbereichen,
    • Verbindungselemente mit parametrisierbaren Eigenschaften.
Mehrkörperphysik Modell

Körpermasseknoten mit Federn, die Knoten verbinden:

  • Eine Feder ist ein Stellglied mit zwei Stellvariablen:
    Steifigkeit s, Dämpfung d

  • Jede Feder ist auch ein Dehnungssensor, der den Sensorwert σ liefert Für Berechnung der Beobachtungsvariable

figmbp

Datenverarbeitungsmodell

  • Das diskrete Netzwerk aus Sensor-Aktor Knoten wird in einem dreidimensionalen Maschennetzwerk angeordnet

  • Im Mehrkörpermodell bedeutet ein Masseknoten = ein Rechnerknoten im Netzwerk!

Smartes Mehrkörpermaterialmodell

figsmartmbp

  • D.h. das physikalische und informatische Netzwerk überlappen sich

  • Die Masseknoten sind mit bis zu 24 Nachbarknoten über die Federn = Aktoren verbunden

Optimierunsgziele

Verringerung globaler und lokaler Spannungen, Dehnungen oder Kräfte von beliebig geformten Komponenten unter verschiedenen Lastsituationen



Kontroll- und Optimierungszyklus
  1. Wahrnehmung der Materialzustandes mit Sensoren (Sensorik)

  2. Vergleich lokaler und globaler Beobachtungsvariablen

  3. Änderung von Materialparametern durch Aktuatoren


  • Optimierung zur Entwurfszeit
  • Optimierung zur Laufzeit

Adaption zur Laufzeit

  • Die In-Situ-Aktuatoren eines robotsichen Materials ändern die Materialeigenschaften des Basismaterials:
    1. Änderungen der Steifigkeit und
    2. Änderungen des Volumens könnten Roboter ermöglichen, die die Form verändern;
    3. Änderung des Aussehens;
    4. Änderung des Aussehens und der Oberflächentextur ermöglichen künstliche Häute.
    5. Selbstheilende und sich selbst regenerierende robotische Materialien könnten Venensysteme verwenden, die durch Flüssigkeiten mit variabler Viskosität oder
    6. durch Umleitung adaptive Verbindungen durch das Material ermöglichen.

Adaption zur Laufzeit

figadapmat1[4]


Abb. 7. Robotisches Material: Möglichkeiten der Adaption (sowohl Struktur als auch Materialeigenschaften) [4]

Multiphasentopologieoptimierung

Optimierung zur Entwurfszeit

  • Ursprünglicher Ansatz nach Burblis et al. [5]:

Die Mehrphasen-Topologieoptimierung ändert die Topologie oder Form der Struktur nicht. Es findet eine optimale räumliche Verteilung mehrerer unterschiedlicher Materialien statt, um höchste Steifigkeit zu erreichen.

  • Eine Anwendung der Multiphasen-Topologieoptimierung besteht darin, ein optimales Porositätsdesign einer mechanisch (statisch) belasteten Struktur zu erzeugen - ähnlich der Porositätsverteilung in Knochen

  • Die Steifigkeit einer mechanisch belasteten Struktur wird durch räumliche Umverteilung mehrerer offenzelliger Stoffe (Schäume) mit unterschiedlichen Porositäten p optimiert!

    • Annahmhe: Porositätsabhängige elastische Eigenschaften

Multiphasentopologieoptimierung

  • Ziel ist die Minimierung der totalen Dehnungsenergie U min der Struktur / des Materials durch Umverteilung

  • Annahme: Die Struktur wird in eine Menge von finiten Volumen mit unterschiedlichen Materialien { m1,m2,.. } unterteilt, die verschiedene Elastizitätsmatrizen D besitzen

  • Durch geeignete Verteilung lässt sich unter Annahme von Belastungssituationen einem Minimierung von U erzielen, gegeben durch [5]:

\[\min U \sim \sum\limits_{{m_1}} {\varepsilon _i^T{D_1}} {\varepsilon _i}{V_i} + \sum\limits_{{m_2}} {\varepsilon _i^T{D_2}} {\varepsilon _i}{V_i} + .. + \sum\limits_{{m_n}} {\varepsilon _i^T{D_n}} {\varepsilon _i}{V_i}
\]

figtopopmtex1

ε: Dehnungstensor, D: Spannungstensor

Multiphasentopologieoptimierung

Optimierung zur Laufzeit

  • Dynamische Umverteilung der Materialsteifigkeiten bei:

    • Veränderter Lastsituation
    • Veränderten Anforderungen (andere Verwendung eines Bauteils)
    • Störungen und Defekten des Materials ( Selbstheilung)
  • Makroskopsische Materialbereiche könnten mit robotischen Materialien umverteilt werden

    • Hier jedoch: Aktuierte Material- und strukturbereiche mit veränderlichen mechanischen Eigenschaften

Algorithmen

Globales Modell

  • Die globale Beobachtungsvariable x wird zur Berechnung einer Korrektur der Zielvariablen s verwendet.
  • Die Korrekturfunktion kx verwendet das Verhältnis der lokalen und globalen Beobachtungsvariable

Segmentiertes Modell

  • Das Netzwerk ist in Segmente unterteilt
  • Die Beobachtungsvariable wird für jedes Segment berechnet
  • Die Zielvariable wird für jedes Segment berechnet

Nachbarschaftsmodell

  • Nachbarschaftsknotenverhandlung
  • Die Beobachtungsvariable ist auf den einzelnen Knoten begrenzt
  • Vertauschen von Inkrementen der Stellvariablen
\[\begin{mdmathpre}%mdk
\mathkw{do}~\mathkw{with}~\mathid{x}~\in \{~\epsilon,~\sigma,~\mathid{U}~\}\\
\mdmathindent{1}\mathid{X}:=0;~\\
\mdmathindent{1}\forall \mathid{n}~\in \mathbb{N}~\mathkw{do}~\\
\mdmathindent{4}\mathid{X}~:=~\mathid{X}~+~\mathid{x}_{\mathid{n}}\\
\mdmathindent{1}\mathid{X}~:=~\mathid{X}/|\mathbb{N}|\\
\mdmathindent{1}\forall \mathid{n}~\in \mathbb{N}~\mathkw{do}\\
\mdmathindent{4}\mathid{r}_{\mathid{n}}~:=~\mathid{k}_{\mathid{x}}(\mathid{x}_{\mathid{n}}/\mathid{X},~\mathid{s}_{\mathid{n}})\\
\mdmathindent{4}\mathid{s}_{\mathid{n}}~:=~\mathid{s}_{\mathid{n}}~*~\mathid{r}_{\mathid{n}}\\
\mathkw{until}~|\mathid{Err}|~<~\mathid{Err}_{0}
\end{mdmathpre}%mdk
\]
\[\begin{mdmathpre}%mdk
\mathkw{do}~\mathkw{with}~\mathid{x}~\in \{\epsilon,\sigma,\mathid{U}\}\\
\mdmathindent{1}\forall \mathid{S}_{\mathid{i}}~\in \mathbb{S}~\mathkw{do}\\
\mdmathindent{2}\mathid{X}_{\mathid{s},\mathid{i}}:=0;\\
\mdmathindent{2}\forall \mathid{n}~\in \mathid{S}_{\mathid{i}}~\mathkw{do}\\
\mdmathindent{4}\mathid{X}_{\mathid{s},\mathid{i}}~:=~\mathid{X}_{\mathid{s},\mathid{i}}~+~\mathid{x}_{\mathid{n}}\\
\mdmathindent{2}\mathid{X}_{\mathid{s},\mathid{i}}~:=~\mathid{X}_{\mathid{s},\mathid{i}}~/~|\mathid{S}_{\mathid{i}}|\\
\mdmathindent{2}\forall \mathid{n}~\in \mathid{S}_{\mathid{i}}~\mathkw{do}\\
\mdmathindent{4}\mathid{r}_{\mathid{n}}~:=~\mathid{k}_{\mathid{x}}~(\mathid{x}_{\mathid{n}}/\mathid{X}_{\mathid{s},\mathid{i}},~\mathid{s}_{\mathid{n}})\\
\mdmathindent{4}\mathid{s}_{\mathid{n}}~:=~\mathid{s}_{\mathid{n}}~*~\mathid{r}_{\mathid{n}}\\
\mathkw{until}~|\mathid{Err}|~<~\mathid{Err}_{0}
\end{mdmathpre}%mdk
\]
\[\begin{mdmathpre}%mdk
\mathkw{do}~\mathkw{with}~\mathid{x}~\in \{\epsilon,\sigma,\mathid{U}\}\\
\mdmathindent{1}\forall \{\mathid{n}_{\mathid{i}},\mathid{n}_{\mathid{j}}~\in \mathid{N}~|~\mathid{i}~\neq \mathid{j}~\wedge\\
\mdmathindent{2}|\mathid{pos}(\mathid{n}_{\mathid{i}})-\mathid{pos}(\mathid{n}_{\mathid{j}})|=1\}~\mathkw{do}\\
\mdmathindent{2}\mathkw{if}~\mathid{x}_{\mathid{i}}/\mathid{x}_{\mathid{j}}~<~1~\wedge\\
\mdmathindent{5}\mathid{s}_{\mathid{i}}-~\Delta \mathid{s}~>~\mathid{s}_{0}~\wedge\\
\mdmathindent{5}\mathid{s}_{\mathid{j}}+~\Delta \mathid{s}~<~\mathid{s}_{1}~\mathkw{then}\\
\mdmathindent{4}\mathid{s}_{\mathid{i}}~:=~\mathid{s}_{\mathid{i}}~-~\Delta \mathid{s}\\
\mdmathindent{4}\mathid{s}_{\mathid{j}}~:=~\mathid{s}_{\mathid{j}}~+~\Delta \mathid{s}\\
\mdmathindent{2}\mathkw{end}~\mathkw{if}\\
\mathkw{always}
\end{mdmathpre}%mdk
\]

Algorithmen

  • Das Grundprinzip der Optimierung verwendet einen

    • Verhältnisparameter r, der auf der Beziehung der Beobachtungsvariablen (entweder ε, σ oder U) zu einem räumlich erweiterten Ensemblewert dieser Variablen (Mittelwert) basiert.
    • Der Verhältnisparameter r wird auf die Steifigkeitsvariablen von Elementen des Materials / der Struktur angewendet um diese zu verändern.
  • Das System und Netzwerk besteht aus:

    • Einer Menge aller Knoten: ;
    • Einer Menge aller Segmente, die Knoten gruppieren: 𝕊, und
    • Segmenten mit einer Untergruppe von Knoten: S .
  • Der segmentierte Algorithmus führt die Modifikation von Elementen aus, die in Segmenten basierend auf lokal begrenzten Daten partitioniert sind.

Algorithmen

  • Der Nachbarschafts-Algorithmus führt die Elementmodifikation nur zwischen zwei benachbarten Knoten durch (Punkt-zu-Punkt).

  • Es gibt verschiedene Ansätze und Funktionen kU, die den aktuellen Verhältnisparameter unter Verwendung der Dehnungsenergie U (= Boebachtungsvariable x) berechnen.

Verteilte Systeme und Agenten


Verteilte vs. zentrale Systeme

  • Das vorgestellte Optimierungsproblem ist inherent verteilt: Sensoren (Sensordaten) und Aktoren sind verteilt

  • Klassischer Ansatz in SHM und Sensornetzwerken:

    • Verteilte Sensorerfassung
    • Zentrale Sensordatenauswertung
  • Die zentrale Sensorverarbeitung und Aktuatorsteuerung ist aus Skalierungs- und Effizienzgründen nicht auf die vorgeschlagene intelligente Struktur und das Materialmodell anwendbar.

  • Die Ressourceneinschränkungen verbieten den Einsatz herkömmlicher Datenverarbeitungs- und Kommunikationsarchitekturen.

  • Darüber hinaus ist es aus Gründen der Robustheit und Flexibilität wünschenswert, Hardware und Software vollständig zu entkoppeln.

Agenten

  • (Mobile) Agenten sind autonome Softwareeinheiten die vorzugsweise in verteilten Umgebungen eingesetzt werden können

Verteilte vs. zentrale Systeme

  • Multiagentensystemen bestehen aus einer Vielzahl einzelner Agenten die lokal zusammen ein globales Ziel erreichen → Emergenzvarhalten
  • Das Berechnungs- und Kommunikationsmodell des Agenten bietet erforderliche Entkopplung von Hardware und Software.
  • Agenten zeichnen sich durch
    • ihre lose Kopplung an die zugrunde liegende Agentenverarbeitungsplattform (APP),
    • ihre Fähigkeit zur Zusammenarbeit und Koordination, Mobilität (von Agentenprozessen) und schließlich
    • zur Bildung selbstorganisierender und selbstanpassender Systeme aus.

Paradigma: Die Zerlegung eines komplexen Problems in mehrere kleine Entitäten mit niedrigem Komplexitätsgrad wird idealerweise vom Agentenmodell widergespiegelt.

Das Multiagentensystem

figbookmas


Sensordatenverteilung

  • Jeder Knotenagent sendet seine Sensorwerte an benachbarte Knoten innerhalb eines Bereichs vom Radius 1

  • Damit wird die Menge der Sensoren, die jeder Knoten benötigt, gebildet

  • Signale werden für die Sensorverteilung mithilfe von Δ-Distanz-Routing verwendet

figROIaction1


Abb. 8. Sensorverteilung durch benachbarte Knoten mithilfe von Signalen (oder Tupeln)

Verteilte Berechnung der Beobachtungsvariablen

  • Globale Berechnung in einem großen verteilten Netzwerk ist teuer und schwierig (Ausfälle)

    • Random Walk und gerichtete Diffusion können zur Näherung einer globalen Beobachtungsvariable verwendet werden
  • Der segmentierte Ansatz erfordert eine Netzwerksegmentierung

    • Ohne zentrale Instanz schwierig;

    • Stattdessen wird ein schwebendes Segmentfenster um jeden Knoten gelegt

    • Jeder Knoten kann von allen direkten Nachbarn beobachtet werden (Richtung Norden, Süden, Westen, Osten, oben, unten)

    • Eine verkettete Verteilung von Daten wird in jedem Segment verwendet (N Knoten N Segmente!)

    • Werte der Beobachtungsvariablen mit Abstand r = 1 und r = 2 werden von jedem Knoten erfasst, um den Regionswert zu ermitteln

Verteilte Berechnung der Beobachtungsvariablen

Abstand r = 1

Kann von direkten Nachbarn beobachtet werden

Abstand r = 2

Direkte Nachbarn liefern auch Werte von ihren Nachbarn (entgegen der Anforderungsrichtung)

figROIaction2


Abb. 9. Verteilung von beobachtbaren Nachbarwerten für die Akkumulation von Regionen mithilfe von Signalen (oder Tupeln)

Verteilte Anpassung

  • Der globale Algorithmus und der Segmentalgorithmus brauchen keine weitere Koordinierung der Verteilung
  • Nachdem der beobachtbare Bereich (global oder segmentiert) berechnet wurde, können die Aktoren (Federn) jedes Knotens basierend auf dem Verhältnis des lokalen und regionalen Beobachtungsvariable modifiziert werden
  • Der Ansatz der Nachbarschaftsverhandlungen erfordert keine regionale Beobachtungsvariable

figROIAction3


Abb. 10. Die Verhandlung wird zwischen zwei Nachbarknoten verwendet, um eine Neukonfiguration der Steifigkeit in der Region zu erreichen

Das Experiment und Simulation


Die Simulation

  • Aufgrund der derzeit noch beschränkten technologischen Möglichkeiten wurde auf eine Simulation zurück gegriffen Machbarkeitsstudie

  • Um ein robotisches oder adaptives Material simulieren zu können bedarf es verschiedener Modelldomainen:

    • Mechanische und physikalisches Modell des Materials oder der Struktur
    • Modelle der Sensoren und Aktoren
    • Datenverarbeitungsmodell (Perzeption und Steuerung)
    • Kommunikationsmodell (Datenaustausch)
    • Energiemodell

Es muss eine enge Kopplung von mechanischer/physikalischer Simulation und der Datenverarbeitung/Kommunikation der Agenten geben!

Der Simulator SEJAM2

  • Multidomain:

    1. Mehrkörperphysik (MBP) mit gekoppelten Masse-Feder Systemen
    2. Datenverarbeitung mit Agenten und Agentenplattformen
    3. Kommunikationsnetzwerke
  • Alle Domainen sind gekoppelt, d.h.

    • Virtuelle Sensoren werden aus der MBP Simulation gewonnen
    • Die Agenten können auf die Sensoren programmatisch zugreifen
    • Die Agenten können virtuelle Aktoren (Federn) direkt in der MBP verändern (Steifigkeit, Dämpfung)
    • Die Agenten können sich im dem virtuellen Kommunikationsnetzwerk bewegen (mobiler Code)
  • Simulation nahezu in Echtzeit (bzw. in real zu erwartenden Zeitskalen)

Der Simulator SEJAM2

figsejam2arch1


Abb. 11. Softwarearchitektur des Multidomain Simulators SEJAM2

Der Simulator SEJAM2

Komplexes Simulationsframework

  • MBP lässt nur eine Näherung der dynamischen Verhaltenssimulation von Materialien (eher Strukturen) zu - Vorteil: geringe Rechenzeit

  • FEM bietet genauere Lösung und Untersuchung des statischen Verhaltens von Materialien und Strukturen

  • Neben MAS und MBP Simulation ist eine Einbindung und Kopplung von FEM Werkzeugen wie Abaqus möglich

figmultisimFlow

Die Simulation

  • Platte mit Loch und Zylinderkörper als Belastung
    • Netzwerk aus 8x5x3 Knoten (Masseknoten und Eingebettete Rechner)

MAS Welt

  • Das ereignisbasierte Agentenverhalten aktiviert die Verarbeitung nur wenn sich Sensordaten ändern

Physikalische Welt

Die Simulation

figresults1


Abb. 12. Simulationsergebnisse der Struktur unter Belastung mit der Zielvariable (Optimierungsziel) Globale und lokale Dehnungsenergie U/u
  • Reduktion der inneren Dehnungsenergie um mehr als 30% möglich

  • Globaler (zum Vergleich) und segmentierter Ansatz liefern annähernd gleiche Ergebnisse!

Zusammenfassung

  • Smarte Materialien besitzen perzeptive und adaptive Eigenschaften

  • Integration von Material, Sensor, Aktor, Datenverarbeitung, Kommunikation, Energie

  • Adaption von Materialien und Strukturen auf unterschiedliche Last- und Betriebssituation ist ein Minimierungsproblem

  • Die Datenverarbeitung in adaptiven Materialien muss dezentral und verteilt umgesetzt werden Skalierbarkeitsproblem!

  • Die Simulation von smarten adaptiven Materialien erfordert die enge Kopplung von Datenverarbeitung und Physik

  • Multiagentensysteme sind geeignet um verteilte, robuste und selbstorganisierende Datenverarbeitung eines Minimierungsproblems zu ermöglichen

  • Es konnte anhand einer Fallstudie die Eignung von MAS und dezentraler lokaler Optimierung mit globalen Ziel gezeigt werden

Referenzen

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  3. S. C. Goldstein, J. D. Campbell, and T. C. Mowry, Programmable Matter, Computer, 2005.

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  5. A. Burblies and M. Busse, Computer Based Porosity Design by Multi Phase Topology Optimization, in Multiscale & Functionally Graded Materials Conference (FGM2006), Honolulu, October 15 th -18 th 2006 MS 5 “Topology Optimization”, 2006.

  6. S. Bosse, D. Lehmhus, Material-integrated cluster computing in self-adaptive robotic materials using mobile multi-agent systems, Cluster Computing, doi 10.1007/s10586-018-02894-x, Online First, 2019 ISSN 1386-7857

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  9. S. Bosse, D. Lehmhus, W. Lang, M. Busse (Ed.), Material-Integrated Intelligent Systems: Technology and Applications, Wiley, ISBN: 978-3-527-33606-7 (2018)